VWG fordert Mindestlohn für Taxifahrer im Kreis Wesel

Im Zuge der von der Verwaltung vorgeschlagenen Taxigebührenerhöhung stellt die VWG-Kreistagsfraktion folgenden Antrag:

Sehr geehrter Herr Landrat Dr. Müller,

als Vorsitzender der VWG-Kreistagsfraktion stelle ich folgenden Änderungsantrag:

1.         Erhöhung der Grundgebühr auf nur 2,50 Euro.

2.         Umsetzung der von der Verwaltung vorgeschlagenen Gebührenerhöhung pro Meter
nur unter der Maßgabe, dass sich die Taxiunternehmen im Kreis Wesel verpflichten, ihre Fahrerinnen und Fahrern mit einem Mindestlohn von 6,50 Euro zu vergüten. Die Verwaltung wird beauftragt, mit den Taxiunternehmen eine solche Mindestlohn-Regelung zu vereinbaren. Sollten die Taxiunternehmen zur Selbstverpflichtung nicht bereit sein, wird lediglich die Grundgebühr um den unter Ziffer 1 genannten Betrag erhöht.

Begründung:

Leider hat die Verwaltung wie schon 2008 keine Informationen über die Kostenstruktur eines Taxiunternehmers geliefert. Die folgende Aufschlüsselung von für den Beschluss relevanten Einzelkosten liegt wieder der auf der Internetseite „GEROTAX – Das Taxi-Portal“ (www.kosten.gerotax.de) veröffentlichten Modellkalkulation zugrunde:

1.         Treibstoff                                                                             10    Prozent

2.         Berufsgenossenschaft                                                       0,5 Prozent

3.         Abschreibungen von Fahrzeugen                               6,5 Prozent

4.         Wartung + Autowäsche                                        unter  3    Prozent

5.         Autoversicherung (Haftpflicht u. Vollkasko)          6    Prozent

6.         Personalkosten                                                                  60    Prozent
Zu 1)

Die von der Verwaltung angegebene Preissteigerung bei Diesel ist für mich nicht nachvollziehbar:

Im August 2008, als die Verwaltungsvorlage mit Begründung der damaligen Erhöhung der Beförderungsentgelte erstellt wurde, betrug der Dieselpreis laut Preis-Datenbank auf aral.de 139,6 Cent. Im August dieses Jahres lag er laut gleicher Datenbank bei 140,0 Cent. Nach meinen Berechnungen ergibt sich daraus ein Preisanstieg von gerade mal 0,2 Prozent und nicht, wie von der Verwaltung dargestellt, von 7,56 Prozent!

Allerdings war in der Tat nach der Umsetzung der Gebührenerhöhung, gegen die allein die VWG gestimmt hatten, der Dieselpreis aufgrund der schon zum Zeitpunkt des Beschlusses beginnenden Wirtschaftskrise deutlich gesunken. Dies führte einerseits zu einer Steigerung der Gewinnmarge für die Taxiunternehmen im Kreisgebiet zulasten der Taxinutzer, zum anderen, wie Herr Goldberg von der Fachvereinigung Personenverkehr Nordrhein Taximietwagen e.V. in seinem Schreiben offen zugegeben hat, zu „stets rückläufigen Beförderungsleistungen“. Exakt dies waren auch die Gründe, die die VWG damals für ihre Ablehnung der Gebührenerhöhung vorbrachten.

Weil der aktuelle Dieselpreis nahezu identisch mit dem im August 2008 ist, ergibt sich hier für mich keinerlei Begründung einer Gebührenerhöhung. Zugleich ist auch in den kommenden Monaten wieder ein rückläufiger oder zumindest konstanter Dieselpreis wahrscheinlich, weil sich durch die nicht gelöste Finanzkrise eine deutliche Abkühlung der Konjunktur weltweit und auch in Deutschland abzeichnet.

Zudem ist für mich völlig unverständlich, dass trotz enormer technischer Fortschritte und sinkender Preise im Bereich des Gasantriebs und trotz vieler erfolgreicher Umstellungen von Fuhrparks durch Taxiunternehmen in anderen deutschen Kommunen Taxiunternehmen im Kreis Wesel eine solche Umstellung meiden wie das Feuer. Der einzige plausible Grund liegt für mich darin, dass der Kostendruck im Kreis Wesel aufgrund der hohen Taxigebühren offenbar vergleichsweise gering ist.

Zu 2)

Die gestiegenen Beiträge der Berufsgenossenschaft um rund 5 Prozent sind angesichts der Tatsache, dass sie gerade mal 0,5 Prozent der Gesamtkosten ausmachen, ein sehr schwaches Argument für die Notwendigkeit einer Gebührensteigerung.

Zu 3 und 4)

Den Preisanstieg von Kfz-Neuanschaffungen um gerade einmal 0,47 Prozent, während der AfA-Anteil an den Gesamtkosten bei rund 6,5 Prozent liegt, als Begründung für die vorgeschlagene drastische Gebührensteigerung heranzuziehen, wirkt nahezu grotesk.

Preissteigerungen bei Ersatzteilen und der geringe Preisanstieg für Reparaturen sind angesichts der Tatsache, dass die Wartung weniger als 3 Prozent der Gesamtkosten ausmachen, ebenfalls ein nur wenig überzeugendes Argument, die Grundgebühr um rund 14 Prozent erhöhen zu wollen.

Zu 5)

Leider liegen seitens der Verwaltung keine Zahlen für Steigerungsraten von Taxi-Versicherungen vor. Es wäre leicht möglich gewesen, die Taxiunternehmen im Kreis Wesel um Herausgabe der dafür notwendigen Zahlen zu bitten. Der Kostenanteil der Versicherungen liegt aber offenbar ohnehin nur bei 6 Prozent.

Zu 6)

Als Grund für eine Personalkostensteigerung wird auf die Erhöhung der Arbeitgeberanteils um 0,3 Prozent verwiesen – ebenfalls kein Argument, das eine Gebührensteigerung pro Meter um mehr als 6 Prozent legitimiert.

Auffällig ist, dass sowohl seitens der Verwaltung als auch seitens Herrn Goldberg nicht mit einer Steigerung des Stundenlohns in den vergangenen Jahren argumentiert wurde. Herr Goldberg spricht in seinem Schreiben lediglich ganz allgemein und unverbindlich davon, dass „eine Steigerung der Fahrpreise auch zu einer Erhöhung des Arbeitnehmerentgelts führen“ würde.

Diese Unverbindlichkeit ist sicherlich nicht zufällig, weil nach meinen eigenen Recherchen durch Befragungen bei Taxifahrern im Kreisgebiet in den letzten Jahren keine bzw. nicht nennenswerte Stundenlohnerhöhungen stattgefunden haben. Bei den meisten angestellten Taxifahrern scheint der Stundenlohn offenbar deutlich unter 6 Euro zu liegen.

Der VWG-Kreistagsfraktion reicht es nicht aus, dass von Seiten der Taxivereinigung nur vage und unverbindlich eine mögliche Erhöhung des Arbeitnehmerentgelts angedeutet wird. Die VWG-Kreistagsfraktion ist stattdessen der Ansicht, dass sich die Taxiunternehmen im Kreis Wesel zu einem Mindestlohn von 6,50 Euro verpflichten sollen. Dieser liegt immer noch weit unter einem von Gewerkschaften, Sozialverbänden und vielen politischen Gruppen geforderten gesetzlichen Mindestlohn, es wäre aber zumindest ein guter und wichtiger erster Schritt in Richtung einer fairen und für den Lebensunterhalt ausreichenden Entlohnung für die zahlreichen Beschäftigten in dieser Branche.