Eyller Berg: Offener Brief an Kraft

Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin Hannelore Kraft,
sehr geehrte Damen und Herren,

Altlasten sind die Kehrseite des enormen technischen und industriellen Fortschritts der letzten 100 Jahre. Der allzu sorglose Umgang mit bergbauspezifischen Abfällen, Chemikalien und kommunalen Abfällen und die Unkenntnis der Auswirkungen führten bekanntermaßen zu Verunreinigungen des Untergrunds. Das Gefahrenpotenzial für Mensch und Umwelt wurde dabei oft zu spät erkannt.

Die Altdeponie Eyller Berg birgt hinsichtlich der Lage am linken Niederrhein, im natürlichen Überschwemmungsgebiet, unter Bergbaueinfluss und Grundwasserabsenkung auch auf weitere Sicht ein besonderes Risiko für die Gesundheit der Bürger in Kamp-Lintfort.

Im Rahmen der Umweltgesetze und nach Beendigung der Abfallablagerung wurde eine Gefährdungsabschätzung gefordert die durch unhaltbare Argumente der Aufsichtsbehörden (Bergamt und Bezirksregierung etc.) versagt wurde. Hier die Versagungsgründe:

a)      Es gibt drei unterschiedliche Teildeponiebetreiber (Bergbau, Kamp-Lintfort und LINEG);
b)      Unterschiedliche Verursachungsbeiträge etwaiger Kontaminationen nicht zu ermitteln waren und
c)      Sondierungsbohrungen eine weitere Gefahrenquelle erschließen könnte.
d)      Zudem wurden „Zeit und Kostenaspekte“ zur Verhinderung der Gefährdungsabschätzung angeführt.

Nach unserer Auffassung halten v.g. Gründe ein Vergleich mit dem geltenden Recht auf Gefährdungsabschätzung nicht aus.

Zu a): Eine Deponie wirkt in ihrer Gesamtheit auf sie Schutzgüter. Auf die Auswirkungen, auf die Umweltbelastungen im Umfeld des Eyller Berges kommt es an, die auch nach mehr als 20 Jahren den Bürgern zugemutet werden. Wer die Prüf- und möglichen Sanierungskosten trägt ist sicherlich zu ermitteln.

Zu b): Dieser Umstand sollte doch durch eine gutachterliche Gefährdungsabschätzung festgestellt werden. Sehr früh waren schädliche Einwirkungen auf die Schutzgüter bekannt. Die bergrechtlichen Genehmigungen forderten immer die Abkippung von „nicht gesundheitsgefährdeten bzw. nicht grundwasserschädlichen“ Bergbauabfällen. Die Wirklichkeit war anders.

Zu c): Hier wird zugegeben, dass die Altdeponie eine Gefahrenquelle darstellt. Das Geheimnis der Deponie, so verstehen wir die Argumentation der Aufsichtsbehörden, soll nicht gelüftet werden.

Zu d): Erst werden über 3 Jahrzehnte –seit 1960- Abfälle deponiert, eine Pause in den 90er Jahren eingelegt. Erst 2007 wurde im Rahmen des Abschlußbetriebsplanes die Oberflächenabdichtung des Bergbauteils abgeschlossen. Zur Hausmülldeponie können keine Aussagen gemacht werden. Fazit: Sind Kosten für eine Gefährdungsabschätzung entscheidungsrelevant?

Ist das die Politik der Landesregierung wenn Umweltgesetze trotz extremer Umweltbelastung und Kosten ausgehebelt werden?

Man muss auch wissen, dass die bergbaurechtliche Zulassung zur Deponierung von bergbauspezifischen Abfällen sich immer nur auf „grundwasserunschädliche Bergbauabfälle“ bezog. Wir wissen aber auch, dass die von Unter Tage geförderten Stoffe (Kohle und Gestein (Berge) niemals grundwasserneutral sind und auch waren. Hinzu kommen Betriebsstoffe und Sonstiges aus dem Untertagebetrieb und der Kokerei welche i.d.R. seinerzeit nicht gesondert entsorgt wurden.

Wir wissen auch aus Dokumenten der „Industriehistorischen Recherche“, dass auf der s.g. Hausmülldeponie Stoffe endgelagert wurden, die keinesfalls als grundwasserneutral zu bezeichnen waren. Gleiches gilt für die Ablagerungen von der LINEG. Als Grundübel sehen wir den Umstand an, dass unter dem Bergbau- und Hausmüllteil keine oder nur unzureichende Basisabdichtung bestand.

Da über Jahrzehnte und während der Abfalldeponierung, unterhalb des Eyller Berges Steinkohle abgebaut wurde, wirkten Senkungen, Zerrungen und Pressungen auf den inneren Deponiekörper. Wir müssen davon ausgehen, dass auch eigearbeitete Sicherungsschichten nicht verhindern, dass über Jahrzehnte und auch weiterhin, trotz späterer mit Unwägbarkeiten verbundener Oberflächenabdichtung, Niederschlagswasser den Deponiekörper durchströmen werden.

Wir erwarten von Ihnen, dass gemäß § 9, BBodSchG nunmehr die von der Unteren Wasserbehörde Kreis Wesel geforderte Gefährdungsabschätzung durchgeführt wird.

Wir bitten um Eingangsbestätigung und Stellungnahme

Mit freundlichen Grüßen

 

H.-Peter Feldmann                                                                       Martin Kuster